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Le caractère de l’autre, est-il invariable?

Mai 12th, 2014 — 3:08pm

Il y a d’environ trois siècles, le linguiste et grammairien français Giovanni Veneroni nous a relaté les différents caractères nationaux européens; mais si l’on veut essayer de nouveau (évidemment par rétablir des stéréotypes nationaux contemporains et viscéraux et puis jouer avec eux), seraient-ils ses griffonnements encore valables et est-ce qu’on donc arrive à la même conclusion, ou puisse-on au moins les reconnaître?

Dans les Coutumes.

Le Français est courtois.
L’Allemand bienveillant.
L’Italien civil.
L’Espagnol dédaigneux.
L’Anglais hautain.

Au Repas.

Le Français est délicat.
L’Allemand buveur.
L’Italien sobre.
L’Espagnol chiche.
L’Anglais prodigue.

Dans les Humeurs.

Le Français est railleur.
L’Allemand affable.
L’Italien complaisant.
L’Espagnol grave.
L’Anglais inconstant.

Dans la Beauté.

Le Français est bel homme.
L’Allemand ne lui cède pas.
L’Italien n’est ni beau ni laid.
L’Espagnol tire sur le laid.
L’Anglais approche des Anges.

Dans les Conseils.

Le Français n’est pas lent.
L’Allemand est plus tardif.
L’Italien est plus subtil.
L’Espagnol est prévoyant.
L’Anglais déterminé.

Dans l’Écriture.

Le Français parle bien, écrit mieux.
L’Allemand écrit beaucoup.
L’Italien avec solidité.
L’Espagnol peu et bon.
L’Anglais savamment.

Dans la Religion.

Le Français est zélé.
L’Allemand religieux.
L’Italien cérémonieux.
L’Espagnol superstitieux.
L’Anglais dévot.

Au Mariage.

Le Français est libre.
L’Allemand est maître.
L’Italien geolier.
L’Espagnol tyran.
L’Anglais serviteur.

Pour le Parler.

Charles-Quint disait qu’il parlerait Français à un ami.
Allemand à son cheval.
Italien à sa maîtresse.
Espagnol à Dieu.
Anglais aux oiseaux.

ex:
Maître italien ou Grammaire française et italienne de Vénéroni
Nouvelle édition, revue, corrigée et augmentée
Par le Citoyen [Giacinto] Barrère.
Paris, An X. Républicain [1801/02]

Dans le texte de Veneroni, on en trouve quelques surprises, mais aussi des traits bien connus et familiers. Les Anglais comme un peuple pépiant, peut-être; mais les Italiens qui méprisent du vin et ne sont pas du tout aux pieds légers? Je m’en doute! L’Allemand fastidieux (et sûrement pas seulement les enseignants et bureaucrates), hélas! oui. De même le Français conscient de son apparition et comportement, que c’est vrai; mais une maîtresse italienne? Ce n’est qu’une fantaisie obsolète. Or quel sort ait Dieu en Espagne, à leur écoute?

Mais en particulier se montre la tendance trop humaine (surtout parmi les auteurs) d’un argument (une observation) passé(e) juste pour sa beauté lui-même, et d’un écrivain qui est imbu de soi-même.

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Allumées: Des sèches propres

September 15th, 2013 — 2:02am
1-2: Have a smoke?

1-2: Have a smoke?

1: Lucky Strike Original Red
Das kleinste Denkmal der Welt: Die Original Red in der Classic Edition erinnert an R.A. Patterson, der die Luckies 1871 erfand. Jetzt für kurze Zeit am Automaten. – Aber nicht automatisch.
Holzstifte m. grünem Zündkopf
2: Gauloises. Frei von Zusätzen
Typisch Gauloises: frei von Konventionen, frei von Zusätzen*. […] Liberté toujours. – *Raucher sollten hieraus nicht schließen, dass die Zigarette weniger schädlich ist.
Holzstifte m. rotem Zündkopf

3-4: Quit now!

3-4: Quit now!

3: Marlboro
Schrift u. Logo: weiß auf rot-anthrazit
Rück- und Vorderseite sind identisch, wenn auch kopfüber
Holzstifte m. rotem Zündkopf
4: Lucky Strike
Logo auf weißem Hintergrund
Rückseite mokiert sich in Form einer Rechenaufgabe:
Niels hat 21 Streichhölzer. Das sind 4 weniger, als Marco gestern hatte. Marco hat sich erst vor einer Woche 3 von Nina gemopst. Wie viele Streichhölzer bleiben dann noch für Florian und Sandra? Keine Ahnung? Macht nichts, Sie haben ja ihre eigenen Streichhölzer!
Holzstifte m. rotem Zündkopf

1, 2: Schachtel in Miniaturzigarettenschachtel-Aufmachung (aufklappbar);
Beide imitieren zudem die EU-Warnhinweise, wie sie seit Oktober 2003 vorgeschrieben sind.
2: Klappentext verwendet Reformschreibung (seit 1996).

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1846 / 2012

Mai 21st, 2012 — 12:07am

Ett mynt af lika valörer, eller dock det sammas sättande på en och samma myntfot, hör ock kanske till omöjligheterna. Att det emellertid skulle verka mycken beqvämlighet i handel och vandel, till och med för resande, nekas icke.

[Eine Münze gleichen Nennwerts, oder welche zumindest auf einem gemeinsamen Münzstandard fußt, ist vielleicht ebenso unmöglich. Daß dies aber eine große Vereinfachung für gemeinsamen Handel und Austausch bewirkte, nicht zuletzt für Reisende, ist nicht zu leugnen.]

(Carl Jonas Love Almqvist: Om skandinavismens utförbarhet, København 1846 (1878), S. 384)

Wenn ein Land unter der Disziplin der gemeinsamen Währung nicht leben kann oder will, so soll es jederzeit frei sein, zu seiner nationalen Währung zurückzukehren.

(Thilo Sarrazin: Europa braucht den Euro nicht, DVA: München 2012)

So stehen einander also gegenüber der von Optimismus getriebene proskandinavistische Esprit Almquists und dessen am 4. Februar 1846 in Kopenhagen gehaltener Vortrag vor der Skandinaviska Sällskapet – und das populistische und ach so quälerisch im Vortrag verschwurbelte Agitieren eines Sarrazins als agent provocateur (der Linken?) samt zugehörigem Rauschen der Blätter und hysterisch-aufgeregtem Geflatter unserer derzeitigen Klasse politischer Sachwalter.

Beides setzt den Dingen die Krone auf! O tempora! O mores!

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Die prononcierte (konstruierte) Ferne der Eurokratur

März 1st, 2012 — 3:09pm

Vor einigen Tagen schrieb ich halb belustigt, halb bestürzt über die nicht nur den medialen und politischen Diskurs bestimmende, sondern auch für die Berichterstattung zunehmend charakteristische Unwissenheit in europapolitischen Fragen, welche einem Gutteil der Stimmen und Beiträge darin unterliegt und zu hanebüchenen Verwechslungen auch in „Qualitätsmedien“ führt.

Um jene Unkenntnis einzubergen, bedienen sich nicht nur Politiker und Stammtisch Stereotypen und nonchalanter Gleichgültigkeit in der Zuschreibung allen Übels und aller Petitessen ans ferne Brüssel, dessen Kompetenzen bestenfalls inkompetent gescholten werden, wenn nicht verschwörungstheoretisch aufgeladen, sondern auch die Medien konstruieren in Europa das Fremde und Andere, das es abzuwehren oder zu vereinnahmen gilt, bevor es nationale Eigenständigkeit und Eigenheit überwältige, welches gleichwohl aber an Ort und Stelle stets dazu dient, europapolitisches Unbehagen und nationale Zankäpfel bequem mit Verweis auf eine aufgeblähte Straßburger Bürokratie abzuladen.

Und wie um die in jenem Blogartikel angeführte (zuweilen ostentativ) prononcierte Fremdheit der europäischen Institutionen in den deutschen Medien zu belegen, sind zeitnah in den letzten Tagen in zwei führenden Blättern Deutschlands Meinungsbeiträge erschienen, welche in dieselbe Kerbe schlagen:

So spricht Thomas E. Schmidt in seiner Kritik am europäischen Projekt von „geradezu furchterregende[n] Tätigkeitsnachweise[n]“ der „Brüssler Gesetzesmaschine“, worin nur „ein kleiner Kreis [von] Regierungschefs (manchmal treten Finanzminister, Staatssekretäre und Berater hinzu) und einer Handvoll Eurokraten“ „europapolitisch[e] Fakten schaff[e]“. Wenngleich die Utopie vom geeinten Europa nicht gleich gescheitert sei, so blieben die Differenzen innerhalb Europas erhalten oder weiteten sich gar aus wie jene zwischen Peripherie und Zentrum im Laufe der Finanzkrise, und es sei an der Zeit, auch „über das Nichtintegrierbare, die absoluten Grenzen der Angleichung“ zu sprechen.

Und obschon er diesem Negativbefund nicht sekundiert, so attestiert auch Nikolas Busse dem „Elitenprojekt“ EU, daß es, obschon in „Brüssel den Bürgern weiterhin fremd und fern“, in seinem Drang nach Erweiterung der Zuständigkeiten einen Umgangston pflege, der „etwas Paternalistisches“ habe: „Wir schmieden das Glück des europäischen Bürgers, notfalls auch gegen seinen Willen – so lautet der unausgesprochene Komment der Europapolitik.“ Die politische Kultur der Europäischen Union sei gekennzeichnet von einer „tiefsitzenden Verwaltungsmentalität“; „Geheimniskrämerei und die diplomatische Sprache, mit der die Kompromisse des [Europäischen] Rats verbrämt und verschleiert werden“ beförderten weiter die Ferne zur Lebenswirklichkeit der europäischen Bürger.

Kräftige Schützenhilfe habe diese Brüsseler Gewalt nun auch inmitten der Eurokrise von der Regierung Merkel erhalten in der Ausweitung der Kontrollrechte der EU mit Blick auf staatliche Haushalte und Finanzen, womit, als deren Spiegel, eine vielleicht unfreiwillige und unabsichtliche, jedfalls dauerhafte Selbstbeschneidung nationalstaatlicher Kompetenzen einhergehe und eine Schwächung nationaler Souveränität. Hier aber, so Busse, drohe nun der endgültige Verlust demokratischer Legitimation Europas: „[W]enn die Politik nicht mehr dafür tut, daß das Brüsseler Geschehen zugänglicher wird, dann behält sie vielleicht die Währung, verliert aber die Völker.“

Und was ist ferner, als ein Europa ohne Völker? Ein „Brüsselkuckucksheim“, eine Vision ohne Rückhalt, eine Praxis ohne Bodenhaftung, ein Projekt ohne Rückbindung an und Verwurzelung in einer gemeinsamen europäischen Identität. Jene Identität aber kann nicht das ewige Andere sein, als welches Medien, Bürger und Politiker Europa so gerne darstellen – und zum eigenen Vorteil auch machen. Unwissen behüt!

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EUropa-ratlos

Februar 24th, 2012 — 9:50pm

Wenn selbst die honorige Zeit zuweilen (und wiederholt) die Übersicht verliert über die europäischen Institutionen; wer wollte es da europäischen Milchbauern verübeln, die wütend gegen den Preisverfall ihrer Produkte und und wider den Preisdruck durch die Molkereien protestieren und für ein vom EU-Parlament mandatiertes Milchpaket – auf den Stufen des Palais de l’Europe? wer nicht sanft über die Europawahl-Panne der Stadt Köln hinwegblicken, welche 2009 Europarat und Europäisches Parlament in einen Topf warf? – Beide liegen schließlich in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander im Quartier européen Straßburgs.

ECHR, nicht EU

ECHR, nicht EU

Dennoch ist dieser Fauxpas der Zeit, welcher nahezu zwei Stunden online unverändert blieb trotz frühzeitiger Richtigstellung durch mehrere Leser, bezeichnend für die Haltung von Medien und einem Großteil des europäischen Publikums vis-à-vis die für ihr alltägliches Leben so maßgeblichen europäischen Institutionen. Oftmals wird bürokratischer Wildwuchs beklagt, wider die Hydra mit ihren tausend Köpfen gezetert und gemurrt, die Demokratieferne der Technokraten in Brüssel und Straßburg mit Resignation gemustert oder mit einer Suade und Schmährede unterlegt, – und doch ein ums andere Mal, wieder und wieder, wird der Umut dem falschen Adressaten zugestellt.

Daher sei hier, der Einfachheit halber, eine Übersicht gegeben der einander korrespondierenden, oftmals darüber verwechselten Institutionen und Einrichtungen (eine eingehende Lektüre erspart dieses Schema aber nicht – man starte hier):

Europarat (CoE)

  • 47 Mitgliedsländer
  • Ministerkomitee
  • Parlamentarische Versammlung
  • Kongreß der Gemeinden und Regionen
  • Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (ECHR)

Europäische Union (EU)

  • 27 Mitgliedsländer
  • Europäische Kommission
  • Rat der Europäischen Union (Ministerrat)
  • Europäischer Rat
  • Europäisches Parlament
  • Europäischer Gerichtshof (ECJ)

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mmix.xix

Juli 25th, 2009 — 6:13am

N.N. (= Wilhelm Schölermann (Hrsg.)): Vlaemische Dichtung
Eine Auswahl im Urtext und in Übersetzung
Eugen Diederichs, Jena 1916

beg, bee: 20.07.2009, 21.07.2009

Belgien, das ist eine parlamentarische Monarchie im Herzen Europas, Benelux-Staat und Stammsitz europäischer Institutionen; ein Land mit deftig-rustikaler Küche und Haut cuisine, einem Faible für Pommes frites und mehr als 1000 verschiedenen Starkbieren, darunter das fruchtige Kriek, das dunkle Oud Bruin und das bernsteinfarbene Tripel der Trappisten von Chimay; Belgien, schließlich, das ist die Heimat von Tim & Struppi (oder wie Hergé sie nannte: Tintin et Milou), der Schlümpfe und des wortkargen Revolverhelden Lucky Luke und seines getreuen Begleiters Jolly Jumper. Belgien ist aber auch, seit es sich in der „belgischen Revolution“ von 1830 vom Vereinigten Königreich der Niederlande lossagte, von Anfang an ein Land des Sprachenstreits, des Gegensatzes zwischen der frankophonen wallonischen Minderheit im Süden und den niederländischsprachigen Bewohnern Flanderns. Dieser Konflikt, der seit dem 19. Jahrhundert schwelt und der den nach fünf Reformen in den letzten 40 Jahren reichlich föderalen Staat regelmäßig an den Rand der Auflösung bringt, hat ökonomische, kulturelle und auch politische Gründe, die das Land besonders zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch immer wieder zum Spielball ausländischer Interessen werden ließen. 1914, mit Beginn des 1. Weltkrieges, marschierten deutsche Truppen unter Mißachtung belgischer Neutralität ein, um den französischen Feind von Norden her zu umklammern. Dieser 1905 entwickelte, wenn auch von Moltke adaptierte Schlieffen-Plan provozierte den Kriegseintritt Großbritanniens und die Katastrophe des großen europäischen Krieges.

Flankiert wurden die militärischen Operationen an der Westfront im Deutschen Reich durch die sogenannte Flamenpolitik, den Versuch, Unterstützung durch ein deutschfreundliches Flandern zu gewinnen, indem das gemeinsame „geistige Band zwischen Deutschtum und Vlamentum“ (Stockey) betont und die flämische Sprache und Literatur als der deutschen eng verwandt neuentdeckt wurde. Daß jene im jungen belgischen Staat der französischen Amtssprache nachgeordnet war, wurde als Beleg des Herrschafts- und Vormachtsanspruchs der „Welschen“, d.h. der Wallonen, angeführt. Unter diesem Vorzeichen verlegte der Jenaer Eugen Diederichs Verlag anno 1916 die vorliegende zweisprachige Anthologie in einem schmucken Pappband mit einer Umschlagzeichnung des Posener Illustrators Fritz Helmuth Ehmcke. Es finden sich darin mit Emmanuel Hiel, Albrecht Rodenbach und Theodoor Sevens kämpferische, nationalistische Stimmen, deren Dichtung ein ums andre Mal den flämischen Gründungsmythos beschwört: die Goldene Sporenschlacht bei Kortrijk, als 1302 ein flämisches Infanterieheer aus Bauern und Zunfthandwerkern die französische Kavallerie unter Robert Graf von Artois vernichtend schlug. Neben solch flämisch-nationalen Anklängen spiegelt die Gedichtsammlung die stilistische Bandbreite des späten 19., frühen 20. Jahrhunderts wider mit der Naturlyrik eines Guido Gezelles, den historisierenden Versen Willem Gijssels und der naiven Poesie Pol de Monts. Die Mehrzahl der ausgewählten Texte zeichnet sich durch sprachliche Einfachheit aus, die den Herausgeber an „Kinderlaut und Naturton“ gemahnt, was nicht einzig dem Klang geschuldet ist. Hymnus und Pathos dieser Kriegsgesänge stoßen dem Leser nachgeborener Generation sauer auf und wirken eingedenk der zwei großen, durch Nationalismus befeuerten Kriege seltsam schal und unzeitgemäß. Aus den Strophen spricht zu uns gestriger Geist, den wir hoffen wollen, in Europa überwunden zu haben. Die Dilletantismen eines August Oscar Vermeiren, der holdes Kindesglück sich zum Thema wählt, oder eines Lambrecht Lambrechts, der Mutter und Oheim sprachlich hilflos ehrt, sind leider charakteristisch für die Qualität der Auswahl; nur vereinzelt können Verse bestechen wie das zaubrische, literarisch versierte Exzerpt aus Prosper van Langendoncks Der Wald, in welchem mit dem Symbolismus die Moderne anklingt. Dem Gros der Texte, selbst dem als Sonett verfaßten Dorfidyll des Niederländers Jacques Perk, unterliegt ein überraschend dunkler Grundton – vielleicht Zeugnis des geschichtlichen Bewußtseins ob ihrer Sujets. Die Übertragungen ins Deutsche, vorgenommen durch den Herausgeber sowie Hjerm Holling, sind angemessen und erreichen das selbstgesteckte Ziel, dem aufmerksamen Leser die Nähe der Sprachen vor Augen zu führen.

In dieser Erstausgabe bleibt der Herausgeber ungenannt: Wilhelm Schölermann, geboren 1865, tätig als Kunsthistoriker, Maler und Schriftsteller, war eine prägende und zutiefst ambivalente Figur des wilhelminischen Geisteslebens um die Jahrhundertwende und trat einerseits, als Übersetzer der Grashalme Walt Whitmans, der Architekturtheorie John Ruskins und der Essays Ralph Waldo Emersons, mit bedeutenden Beiträgen zur Vermittlung britischer und amerikanischer Literatur im kaiserlichen Deutschland in Erscheinung. Auf der anderen Seite nahm er rege teil am antisemitischen und rassischen Diskurs seiner Zeit und veröffentlichte u.a. in Theodor Fritschs deutsch-nationaler Zeitschrift Hammer wie auch in den Deutschbundblättern zu Fragen der Volkshygiene und zur „Judenfrage“. In seinen Schlußbemerkungen zum vorliegenden Band, im Nachwort wird eben dieser nationalistische Charakter Wilhelm Schölermanns unverkennbar, wenn er eingedenk des „stammverwandten Volkes“ der Flamen auf das hinweist, „was blutsverwandte Rassen einander geben und nehmen, was sie wechselseitig schenken und empfangen können: ein Fühlen und Denken, ein Hoffen, Leiden und Singen, einen Sprachenstamm“. 100 Jahre später sind es immer noch die Sprachen, die uns scheiden – aber das wechselseitige Annehmen in der Verschiedenheit, vielleicht zeichnet sich darin der Erfolg des europäischen Projekts aus.

142, (2) Seiten, Festeinband
dt.-/ndl.-sprachig (Ü: Wilhelm Schölermann, Hjerm Holling)
Lyrik, Literatur, Flandern, Belgien

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Nachtrag zum Europarat

Mai 27th, 2009 — 8:48pm
Stop corporal punishment of children!

Stop corporal punishment of children!

The Council of Europe is dedicated to eliminating human rights violations. Abolishing corporal punishment of children is essential to achieving this goal.

Further information at the website of the Council of Europe:
Building a Europe for and with Children
Raise your Hand against Smacking

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mmix.vi

März 13th, 2009 — 5:56pm

Thomas Hammarberg: Human Rights in Europe: No Ground for Complacency
Viewpoints by the Council of Europe Commissioner for Human Rights
Council of Europe, Strasbourg 2008

beg, bee: 10.03.2009, 13.03.2009

Streitbar ist Thomas Hammarberg, Menschenrechtskommissar des Europarats, entschieden tritt er für Grundsätze und Überzeugungen ein, wie das europäische System der Menschenrechte fortentwickelt werden soll, und benennt, was noch im Argen liegt und Beachtung verdient. Obschon in den nunmehr 47 Mitgliedsländern viel erreicht ist mit der anno 1953 in Kraft getretenen Europäischen Menschenrechtskonvention und der Einsetzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, gibt es nach Ansicht Hammarbergs keinen Grund, nachzulassen im Kampf für die Menschenrechte. So führt er zurecht die fortdauernde, quasi-systematische Benachteiligung der Roma in Europa als „shameful history of repression and violent atrocities“ (S. 129) und „an embarrassing failure“ (S. 8) an, geißelt die Rechtsvergessenheit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, in dessen Rahmen an unzählige bürgerliche Freiheitsrechte gerührt wird, und weist beharrlich auf die noch immer weitverbreitete Mißhandlung von Frauen und Kindern hin (s. zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland z.B. [Tabelle 2004][Studie 2008]):

„The problem is deep and serious. As part of their daily lives, children across Europe and the world continue to be spanked, slapped, hit, smacked, shaken, kicked, pinched, punched, caned, flogged, belted, beaten and battered in the name of ‚discipline‘, mainly by adults whom they depend upon.“ (S. 107)

An der Publikation besticht die entschiedene Haltung Hammarbergs und sein unzweideutiges Bekenntnis zu den Menschenrechten, Auffassungen, die er präzise und prägnant formuliert. Hierbei muß man ihm nicht notwendig beipflichten – die Position des Schweden zu Fragen der Sicherungsverwahrung und lebenslänglichen Freiheitsstrafen mutet naiv an, ebenso seine Vorschläge zur partizipativen Einbindung von Kindern ins politische System, seine Kritik an der Abschiebungspraxis „irregulärer Migranten“ stellt staatliche Souveränitätsaspekte unbotmäßig hinter Menschenrechtsüberlegungen zurück -, aber die Reibungspunkte erlauben und stoßen eine notwendige Diskussion an, in der sich der Leser Rechenschaft geben kann über die ihm im Alltag so selbstverständlichen Freiheiten und Rechte. Eine zuweilen bewußt einseitig humanitäre Argumentation beflügelt die Idee der Menschenrechte in der Auseinandersetzung mit legalen, kulturell und ökonomisch motivierten Prinzipien.

Der Band versammelt Aufsätze, die Hammarberg zwischen April 2007 und März 2008 im Laufe seines zweiten Amtsjahrs als Kommissar für Menschenrechte verfaßt und alle zwei Wochen als Standpunkte („Viewpoints“) ins Internet eingestellt hat. Er verleiht den Menschenrechten eine wichtige, trotz ihrer Besonnenheit klar und deutlich vernehmbare Stimme und stellt sie dorthin, wohin sie gehören: in den öffentlichen Diskurs. Unter dem Menüpunkt „Viewpoints“ sind auf seiner Seite weitere Aufsätze des streitbaren Europarat-Menschenrechtskommissars zu finden.

„A united European voice is all the more important now that the United States have lost their moral authority as a result of their human rights violations in the so called ‚war on terror‘. I have been disappointed by the lack of a clear European governmental position on these violations. […] The near silence of Europe on these issues is embarrassing and undermines our credibility in other parts of the world.“ (S. 9)

134 Seiten, Taschenbuch
engl.-sprachig
Menschenrechte, Diskriminierung, Europarat, Europa

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Troen en Anfægtelse

Oktober 11th, 2008 — 5:40am

Betrachtet man, wie die Feuilletons rascheln ob der Veröffentlichung von Richard Dawkins’ The God Illusion, wie Kulturberufene ein jeder Couleur sich bemüßigt fühlen zum Diskurs, wie das Buch vom Gotteswahn die Bestsellerlisten bestürmt und an der Spitze Platz nimmt neben Benedikts XVI Alter ego Joseph Ratzingers theologischem Lesebuch von Jesus von Nazareth, so bedarf es doch einiger Anmerkungen und Leitlinien als Präliminarien.

Erst einmal scheint der Erfolg solcher Literatur einen Mangel, wenn nicht gar Defekt der säkularisierten Gesellschaft zu belegen: Erweist die postmoderne Hybris sich möglicherweise doch als Bastardisierung aufklärerischer Tradition? Einer Praxis, deren Gestus sie übernahm, ohne aber ihre Methode dialektisch-kritisch zu begleiten? Der atheistische Impuls hat das Gros der Gesellschaft weit über ihre Emanzipation von klerikaler, religiöser und hoheitlicher Bevormundung hinausgetragen in eine materiell ad nauseam nicht aufzufüllende Leere und Entäußerung. Institutionell geläutert hat sie sich nicht: An die Stelle der Mater ecclesia ist ein Zerrbild der Wissenschaften getreten, die neue Religion wird in den Akademien vollzogen. Leider wird ihre Doktrin vermehrt – unkritisch – auch nach außen – medialiter – gepredigt.

Der Diskurs, welcher wenig originell Fortschrittsgläubigkeit und Wissenschaftsglauben neu zu positionieren glaubt contra Religion und Lehre des offenbarten Gottes, ist altbekannt und ermüdend, verfängt er sich doch in Sprachspielen und wird beiderseits in einem eigentümlichen Dogmatismus vollzogen. Kurios hierbei ist die Argumentation der dem eigenen Verständnis nach progressiven Partei: Ihre These firmiert unter dem Anspruch, unvoreingenommen initiiert zu werden und genuin wissenschaftlicher Praxis zu genügen. Sind es Unkenntnis oder Verdrängung, welche sie konstruktive wissenschaftstheoretische Beiträge à la Feyerabend oder Kuhn ausblenden läßt zugunsten szientistischer Reduktion?

In einem hervorragenden Beitrag läßt das NRK Bokprogrammet unter dem provokanten Titel Befri oss fra Gud führende Vertreter des europäischen Atheismus neuester Prägung im Gespräch mit Hans Olav Brenner zu Wort kommen: den französischen Philosophen Michel Onfray, dessen Savoir-vivre und Stilismen ihn sich treffsicher als Atheiste-du-jour inszenieren lassen, Richard Dawkins, der, nachdem er vom Zoologen umgesattelt hat auf selbstapprobierten philosophischen Multiplikator der atheistischen Bewegung, in beständiger eitler Pose sich ergötzt, und – als erfrischend andere, versöhnliche Ergänzung des Trios atheistinale – die wundervoll alterweis ironische Diana Athill, welcher die Scheu abgeht, auch mit sich selbst augenzwinkernd zu brechen, und die so in ihren alterstrotzigen Thesen Hoffnung auf Selbstkritik weckt. Ihr einzig ist ihre lebensbejahende Haltung und Freude abzunehmen als lachender Verweis über sich hinaus.

Ansonsten wird man schon ein wenig ungläubig, daß so schlichter Unglaube soviel Aufmerksamkeit auf sich zieht und Aufregung erzeugt. Über Feuerbach treten die positivistischen Thesen der versammelten Intelligenz nicht hinaus. Dawkins und Onfray zumindest ist zu bescheinigen, daß sie sich glänzend verkaufen in ihrer Melange aus (pubertär-) elitärem Duktus, kanonischem Hochmut und intellektuellem Schlingerkurs. Dawkins, wie auch immer, kommt nicht so leicht vom Haken, wenn NRK sein Mäandrieren kontrastiert und alterniert mit Thomas Hylland Eriksens sachlich-rasanter Gegenrede und seine evasorischen Manöver als solche entlarvt, oder schlimmer noch: als beständige Variation eines argumentum ad hominem.

Hätten sie doch nur einmal Kierkegaard gelesen, diese Heilsverkünder, die in ihrer Pathologisierung des Glaubens uns von demselben befreien wollen und in der monotheistischen Religion einen epidemisch-viralen Charakter (eines Mems) offenzulegen glauben, und auch die nach innerlicher Wiederauffüllung lechzende, lesende Öffentlichkeit gewönne weitaus mehr (und unterhaltsamer) von der Lektüre des Kopenhagener Ironikers und Zweiflers denn von der Behelfsliteratur vorgenannter Autoren. So schreibt er in Frygt og Bæven schon 1843 bemerkenswert Erhellendes und mit bemerkenswerter Hellsicht:

At forklare hele Tilværelsen, Troen med, uden at have en Forestilling om hvad Troen er, er let, og den calculerer ikke slettest i Livet, der regner paa Beundring, naar han har en saadan Forklaring; thi det er som Boileau siger: un sot trouve toujours un plus sot, qui l’admire.*

*: Das ganze Dasein, den Glauben mit eingeschlossen, zu erklären, ohne daß man eine Vorstellung vom Glauben hat, das ist ein Leichtes, und derjenige kalkuliert nicht am Schlechtesten im Leben, der auf Bewunderung rechnet, wenn er eine solche Erklärung hat; denn es ist, wie Boileau sagt: un sot trouve toujours un plus sot, qui l’admire [ein Dummkopf findet immer einen größeren Dummkopf, der ihn bewundert].

(Søren Kierkegaard: Furcht und Zittern, Reinbek bei Hamburg 1967, S. 51)
Faksimile der Danske Klassikere-Ausgabe

[Archiv: Ursprünglich veröffentlicht am 10.09.2008.]

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