s’Mundart: Schwizerdütsch

[14] Wie’s dem Bürgermeister vo Mailing g’gange isch.

Daß „Mailing“ e keis Ort isch im Schwyzerländli, wird mine liebe Läser sofort klar si, aber s‘ macht nüt, me mues nit eso wundersitzig si, wenn i möcht go säge wie’s z’grächtem heißt, so würde die Lütli no jetz rot, det wo’s passiert isch. S’isch i der Zyt gsi, wo die chline Schdättli no alli obe und unde es Tor g’ha händ; au en Torwart isch do gsi und das sind für gwöhnlich alti bräschthafti Manndli gsi wo-nen-e d’Schdattvätter öppis guets händ welle tue mit dem Pöschtli. Grad so isch es au in „Mailing“ der Fall gsi und wenn der Sturm rächt um si’s Torwärterhüüsli umepfiffe het und öppe gar no g’rüttlet a de Fänschterläde, denn isch mis Torwart-manndli z’underscht under Decki gschlosse und het si ned g’muxst. – Die tuusigs G’süchti händ halt ame gar wüescht to.
Emol het’s i so-ner-e Schtorm- und Rägenacht z’mizt im Novämber gar grüüsli lut as Tor poppert und de Torwart het si fascht no tiefer undere g’macht alls gwöhnlich bis em denn doch vorcho isch das chönn ned nume de Schturm si wo eso luut machi. Er isch druf under süüfze und ächze i sini alte Schlaarpe g’schloffe und isch zue dem chline Guggfänschterli go luege, wo äxtra für das g’macht g’si isch am große Tor, damit me nid jedem Lappi het müesse go ufmache, wo öppe z’nacht het ine welle.

[15] Richtig isch dusse en Ma g’schtande und het, so vil as de Wärter het möge g’seh mit siner alte trüebe Latärne, en gueti Gattig g’macht, er het fascht usgseh wie öppe-n-en Junker, nid eso vo de ganz fienschte.
Churzum, es isch eusem Torwart-manndli mit einem Mol klar worde, er dörf denn do nid öppe so schnauze wie gwöhnlech. Drum het er au ganz manierlech oben-abe g’rüest: „Wer isch do? wer chlopfet? i darf halt niemer meh ineloh um die Ziit.“ – „Jäh guete Fründ, do gits nüt anders, i mues ine, s’hilft alls nüt.“ – „I bin Eue guete Fründ no lang ned,“ hätt er gärn abegrüest, aber er het si ned trouwt und seit do nume, „warted jez-nume, i chume gschwind abe, Ma.“ Druf isch mis Torwart-Manndli gschwind no i das unentbährlech Chleidigsschtück ineg’schlüpft, ohni das me sech ned guet cha füreloh, het si Latärne g’noh und isch abe. Er het aber fürsorglich nume-n-es Schpältli ufgmacht vom große Tor und use grüest: „Sind er no do, Mano?“ – „Jo friili bin-i-no do,“ tönts druf zimli rumpelsurig, „und i chan Ech säge, s’Warte isch mer gründlech verleidet. Wänd Ehr mi jetz ineloh oder nid? i froge zum letschte Mol?“ – „He ums tuusig Gottswille find au nid grad eso bös, Herr, Ehr wärdet mi ned no welle unglücklech mache für miiner Läbtig – i darf jo weiß Gott niemer ineloh noch de zwölfe z’nacht, s’choschtet mi sunscht mi Poschte.“ – „He nu so denn weis i öppis anders, i möcht jo nid g’schuld si, wenn Ehr brotlos wärded, aber iez losed, Ma, iez göhnd Ehr wie-n-Ehr sind zum Bürgermeischter, chlopfed en use und mira die andere Schtattvätter au no und säged en-e, es sig eine

[16] dusse vor em Tor, de lös si absolut ned lo abwise und er heig g’seit, wenn er iez ned ine chönn, so mach er denn öppis.“ – „He jo, Herr, i wills jo tue,“ seit druf das arm alt Manndli und het fascht zitteret, „was wird ächt euse Herr Bürgermeischter säge!“ Vor de bessere Hüüser vo „Mailing“ sind säbigs Mol no überal die schwere möschige Türchlopfer gsi und wo-n-euses Manndli de vom Bürgermeister siner Huustür het loh dergäge falle, isch em gsi, es mües iez all ’s go z’schpringe cho, eso luut het’s gemacht durs ganz Huus. Aber die händ schints bim Bürgermeischter kei liislige Schlof gha, er het emel no lang gwartet, bis er no-n-es Mol trouwet het z’chlopfe, und do erscht ischt ändlech das schtättisch Oberhaupt am Fänschter erschiene und het abegrüest: „Was isch au loos, daß me-n-eim nied e-mol loht lo schlofe?“ Mit ängschtleche Worte und ganz verschrockner Schtimm het de Torwart si-n Uuftrag usgrichtet, woruf de Bürgermeister seit: „So nämed iez Eui Latärne und göhnd so schnell als möglig go de ganz Schtattrot usechlopfe – aber g’höred Ehr, es darf keine fehle, zue so-n-ere wichtige Berotig müend mer vollzählig si.“ De Torwart het dänkt: wie wirds mer ächt ergoh? isch aber uf der andere Siite no froh gsi, daß es ohni Tonnerwätter abgloffe-n-isch. Die händ gluegt und glost, wo’s gheiße het zum warme Bett us und i dem Räge und Schturm vor em Rothuus go sech versammle! Was isch ächt das für Eine wo’s wogt eus no go z’dräuihe? Aber nume Giduld, dem wämer’s scho no zeige, dem! – Und s’Torwartmanndli het bi sich sälber dänkt: O heie! wie wird das wieder G’süchti geh, schier

[17] ned zum uushalte, wenn i so duri naß wirde. Es wär allwäg für en Unbeteiligte es luschtigs Luege gsi, die ganz Rotsherreversammlig z’gseh, i dene teilwiis sehr primitive Kostüm, wie jede-n-en Latärne bi sech gha het, wo sie im Gänsemarsch sind go sech ufschtelle vor em Rothuus. Und erscht das Für und Wider, wo ändlech das Oberhaupt erschine-n isch, in ihrer Mitti! Z’letscht wo sie sech gar ned händ chönne-n einige und doch efange bidänklech g’frore händ, seit do eine: mer wänd’s eso mache, mer wänd de Kärli ineloh, aber denn wämer ne bim Eid zwinge, daß er biichtet, was er hätt welle mache, s’isch au no für es anders Mol guet, wenn me’s weiß. – Druf het es allgemeins Zuestimme ginüeged bewise, daß die andere aunüt bessers gwüßt händ und härzlech fro gsi sind vorusz’gseh, daß sie uf die Art bald wieder hei chönned, go sech wärme.
Jetz het sech de Gänsimarsch langsam und fiirlech vom Rothuus nach em Tor zue zoge und s’Torwartmanndli händ sie vorusgschickt, daß es efange ganz go ufmache, derwile well me sech denn no echli würdig ufstelle, damit me dem fräche Kärl chönn imponiere. Churz und guet, de isch eb si’s dänkt händ z’mitzt under ne gstande und het sech höflich nach alle Siite verneigt und bidankt. Jetz het aber de Bürgermeischter d’Sproch wiederg’funde und seit zue dem Frömdling: „Loset Ehr, das isch denn sunscht eigetlich ekei Art, eim am Morge-n-am eis i de Räge-n-use z’spränge, wenn mer nid dänkt hätten-es mües öppis vo Wichtigkeit si, wäred Ehr no lang dusse blibe vo wäge eus. I miner Eigeschaft als Oberhaupt vo der Schtatt möcht i denn aber

[18] doch no öppis mit Ech rede; was händ Ehr im Sinn gha z’mache, wenn mer Ech nid inegloh hätte?“ De Frönd wird echli verläge und sänkt de Blick z’Bode: „Wenn mer die Herre s’Wort gänd, daß i ned g’stroft wirde, so will i’s am Aend säge.“ Die Herre Schtadtvätter händ enand agluegt, es hätt sölle heiße: „jetz chunnts“, und de Bürgermeischter het würdevoll für sie alli g’antwortet: „Guet denn, mer wänd Ech Stroflosigkeit zuesichere, wenn Ehr alls suuber tüend bekenne.“ Dr Frömdling het sech druf schprungbereit vor sie ane gschtellt, s’isch gsi wie wenn er dem Landsfride doch ned rächt würd trouwe – und het g’seit: „I mues g’stoh, Ehr Herre, wenn Ehr me nid inegloh hätted so – wär i halt dusse blibe.“
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Er het aber doch no so vill Aschtand gha, daß er sech i die nächsti Gaß drückt het – ohni sech z’weide a dene G’sichter vo der hohe-n Obrigkeit.

ex:
Hanna Fröhlich (Pseudonym v. Anna Klara Hedwig Bertuch): Fideli Schwizerg’schichtli
Philipp Reclam jun. Leipzig 1922, S. 14-18

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