Tag: Schwizerdütsch


Schweizer Ausgrenzung

Dezember 11th, 2012 — 3:27am

Die Besinnung auf das Lokale ist Antwort des technik- und zivilisationsmüden Menschen auf die entgrenzte Neuzeit, ein Paradox wohl wahr, denn erst die medial und ökonomisch fortgeschrittene Entwicklungsgesellschaft, in ihrer Übersättigung an Reizen und Erfordernissen, ihren Kompromißformeln und Wohlstandslogiken, ihrer Anonymität und Schnellebigkeit, hat diese Sehnsucht nach ‚Heimat‘ befördert und ermöglicht, erst aus der Inkommensurabilität der Moderne bemißt sich das imaginierte Konstrukt ‚Idyll der Altvorderen‘.

Und doch schwingt die Ahnung mit, daß in der Aufnahme in die Gemeinschaft, in die Übersichtlichkeit vergangener Tage, immer auch schon die Ausgrenzung des Nichtübersichtlichen eingeschlossen ist, sei es das Fremde in der Ferne oder das Andere im Nahraum, jenes in der Nuance Abweichende und Nichtkonforme, dieses das Gemeine Herausfordernde und seiner Allgemeinheit Bloßlegende. Es ist die Störung, das Artefakt, welches die Harmonie aus dem Gleichgewicht bringt und bereinigt werden muß, sei es, daß es unter den Teppich gekehrt wird, sei es, daß es in Zwang und Drill gefügig gemacht und eingefügt wird, sei es, daß es den Katechismus und Konsens nicht gefährde durch Ausschluß und Verstummung.

Die Negation nimmt viele Formen und Formeln an, informelle Mechanismen wie Gerücht und Vorurteil, explizite wie Bannspruch und Pathologisierung, mit welcher nicht selten Institutionalisierung und Neutralisierung einhergehen. Das Unbekannte wird eliminiert und ausgesondert, ist aus den Augen, aus dem Sinn, womit die Gemeinschaft aufs Neue sich gestiftet findet.

Es ist diese Dialektik von Vereinnahmung und Ausgrenzung, die Hanna Fröhlichs Warum de Hansjokeb nid länger bis Kommidants het chönne blibe einen so tragikomischen Beiklang verleiht, ein Landschaftsportrait, das in seiner bitteren Note, altera facie, soviel Wahrheit enthält und diese auch für den der Moderne ennuierten Menschen bereithält, aller literarischen Mängel zu Trotz. In der Seligkeit ist immer auch ein Zwist.

Text: Hanna Fröhlichs Erzählung Warum de Hansjokeb nid länger bis Kommidants het chönne blibe in zweisprachiger Fassung einschließlich dt. Übertragung:
Warum de Hansjokeb nid länger… (88 kB) (PDF-Dokument)

Die Übersetzung wäre nicht möglich gewesen ohne folgende Wörterbücher und Nachschlagewerke:
Alemannisch Lexikon
Wörterbuch Berndeutsch
DRS 1: Mundartlexikon
Hablaa: The Ultimate Language Source
Hallo Schweiz: Kleines Spracharsenal
Lustenauer Mundartdatei (Zgst. v. Sieglinde Fitz-Grabher)
Schweizerisches Idiotikon

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Fröhlich deutsch

Dezember 2nd, 2011 — 5:54am

So unterhaltsam die in der Deutschschweiz gesprochenen alemannischen Dialekte zuweilen anmuten, so fremd bleiben sie Deutschen in aller Regel auch. Die Geschichten, die das Schwizerdütsche allein in Ausdruck und regionaler Prägung bewahrt, der stolze Bezug auf Heimat und Tradition, welcher im Auf- und Fortleben der schweizerdeutschen Mundarten sich erweist, das Nichteinheimischen befremdlich nuancierte Repertoire, eine fein abgestimmte Klaviatur im Wechselspiel von Vertrautheit und Ausgrenzung, der changierende Singsang und das Chuchichäschtli als Schweizer Schibboleth (ein Gordischer Zungenknoten, wenn es denn je einen gab), die altertümliche und ausgesuchte Höflichkeit im Schimpf auf den Fremden und Mattenenglisch und Bärndütsch als klein- und kleinstteilige Ausdifferenzierungen sprachlicher Praxis – das alles ist gleichermaßen neidenswert schillernd als auch ungemein verschlossen.

Glücklicherweise können manche Defizite im Verstehen behoben werden, wenn man sich niedergeschriebener Texte annimmt und diese sich lautlich aneignet, d.h. sie vor sich hin laut liest und spricht. Erfahrungen mit süddeutschen Dialekten, samt und sonders dem Badischen, Schwäbischen, Elsässischen und West- und Oberallgäuerischen, kann helfen, nicht zuletzt uns Norddeutschen, die wir unserer niederdeutschen Mundarten und Geschichte großteils (und allzu leichtfertig) verlustig gegangen sind. Hier ein Panazee för plattdüütsch.

Text: Hanna Fröhlichs Erzählung Oha lätz! in dt. Übertragung:
O weh! (76 kB) (PDF-Dokument)
Oha lätz! (schwizerdütsch) (HTML-Fassung)

Apparat für die Übertragung:
DRS 1 Mundartlexikon
Wörterbuch Berndeutsch
Schweizerisches Idiotikon
Grimmsches Wörterbuch

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s’Mundart: weder zrugg zum Anfang

November 30th, 2011 — 10:27pm

[23] Oha lätz!

Im-e-ne schöne Ort im Aargäu het nonig lang es Pärli Hochsig gha. S’Rägeli, so het das Brütli gheiße, isch nümme grad es hüttigs Häsli gsi und zue de Schönschte het mes wahrhaftig au nid chönne zelle (denn im Vertrouwe gseit, es het es chlis Högerli!).
Aber wie me das jo mängisch trifft im Läbe, das Högerli wird verdeckt mit Gäld und Guet, und wenn eine schön warm cha ine sitze, so luegt er so nes Fehlerli chum a – ämel vor em Hochsig isch es so! –
De Hans-Ueli het’s grad so gmacht; und trotzdem er vo arme Lüüte härgschtammt het, händ sogar no Schtimme do und dert welle luut wärde im Dorf: „De

[24] hätt jez gwüß no en anderi chönne uselüpfe, so ne subere Burscht!“ –
Wo’s aber gar do no bekannt worden isch, de Hans-Ueli heig us der Frömdi vier und fümf Tuusigi mitbrocht, do het mängi vo s’Rägelis Fründinne voll Niid dänkt: Wenn men au das vorhär gwüßt hätt! – de hätt i au no gnoh! Wer das G’rücht eigetlech under d’Lüüt brocht het, het niemer gwüßt, sicher isch es aber us der Familie vo der Brut cho. Jo nu, z’mache isch do nüt meh gsi, s’Hochsig isch agseit worde, und alli, die wo de Hans-Ueli sunscht no gärn gha hätte, händ sech tröschtet, wenn sie nume wenigschtens zum Hochsig iglade worde sind.
En wunderschöne Herbschttag isch es gsi, wo sie z’sämme g’geh worde sind, und mängs no so hübsches Meitschi het nid so nes flotts, fidels Hochsig, wie das Rägeli mit sim Högerli. –
’s isch halt eso gsi – d’Schwigerältere händ scho lang under sich usgrächnet, wie sie denn, vo dene paar Tuusig vom Hans-Ueli, ihres Heimetli wele vergrößere und do und dert loh mache, was eigetlich scho lang nötig gsi wär; wenn er jo bi ihne inesitzi, dörf er denn nüt säge! Drum het de Schwigervatter i siner Freud jez a dem Tag mängs Fränkli loh schpringe und het s’Gäld nüt agluegt – sunscht dernäbe ischt er en huuslige g’hebige Buur gsi, wie nume eine! I der Wirtschaft, wo das Fescht abghalte worden isch, händ sie scho flott tanzet, und dem Schwigervatter sis Härz isch immer größer worde vor Glück, je meh leeri Wifläsche als vor ihm zue gschtande sind. Z’letscht chan er’s nümme ushalte,

[25] er nimmt de Hans-Ueli und zieht en voruse vor d’Türe, s’isch no vill gsi, daß er ne nid ume Hals gnoh het. – Jez aber dusse wo’s niemer gseht, drückt er ne fescht, so fescht a sech, als er nume het chönne und chücht ihm derbi glücksälig is Ohr: „Gäll, für eso vier, fümftusig Fränkli cha me scho zweuihundert loh schpringe – das macht nüt?“
Jez wird aber de Hans-Ueli schtutzig – denn er isch no zimli nüechter gsi – und seit: „Jä los du, Schwigerältschte, wer het der gseit, daß es Tuusigi gmeint sige? S’säb Mol wo d‘ mi gefrogt hesch, han i nume gseit: ‚öppe so vieri oder fünfi chönne’s scho si –‘ i han aber gmeint ‚Hunderter‘ – wenn du’s halt andersch ufgfaßet hesch, chan i gwüß nüt derfür.“ Isch ächt die früsch Luft au no d’schuld gsi dra – dem arme Büürli isch sis Rüschli mit eim Chlapf verschwunde gsi, grad wie ewägg blose – ganz gläsig het er de Hans-Ueli agluegt, so daß de no schier Verbarme übercho hett: „Los, Ätti,“ seit er, „jez wämmer no en luschtige Tag ha, mer wänd denn nochhär zelle, wie as es öppe isch.“ –
Aber de het de Chopf loh hange, s’isch nüt meh azfoh gsi mit em und wo sie wider ine chöme zue de Gäschte, het eine der ander lisslig gschtüpft: was isch ächt au undereinisch i de Ma gfahre? Nume wenn er denn zuefällig so ne „treue Blik“ ufgfange het, wo dem Hans-Ueli gilt, denn het er müesse dänke: Oha lätz – do isch öppis nid richtig! – –
Ganz schtill isch eis umes ander hei – bald sind nume no d’Hochsetlüüt do gsi und die sind so schtill

[26] hei, dur’s Dorf uf, wie wenn undereinisch s’Luschtigsi verbotte wär.
Mänge het sider scho d‘ Nochbere gfrogt: was isch, weisch nüt – was het’s ächt do g’geh? – aber s’rächt weis halt niemer, die wo’s agoht, händ sech fein schtill.

ex:
Hanna Fröhlich (Pseudonym v. Anna Klara Hedwig Bertuch): Fideli Schwizerg’schichtli
Philipp Reclam jun. Leipzig 1922, S. 23-26

Zur Geschichte, Varietät und selbständigen Entwicklung des Schwizerdütsch siehe das Schweizerische Idiotikon (das Schweizerdeutsche Wörterbuch).
Ein Vademecum zur berndeutschen Variante findet sich unter dem Titel Es chlys Bärndütsches Wörterbüechli.

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s’Mundart: andersch Schwizerdütsch

November 28th, 2011 — 12:00am

[42]

Summerszyt, o summerszyt
Uf dä höiche Weide!
Überei gönd d‘ Blueme uf
Und viltused Freude.

D‘ Rose i dä Bäche no,
Gschaued ihri Gwändli.
Ihri rote Chrüseli
Schmökt me durs ganz Ländli.

’s ist keis Blüemli uf dr Weid,
’s trait im Härz äs Hüngli.
O mys lieb Fyfälterli,
Hetti au dys Züngli!

[44]

Ü Freud ist ä Vogel,
Dr Schatte flügt mit;
Ü Juzer, wo ’s Echo
Scho stiller zrugg git.

’s Glük dured nie länger,
As ä Blitz hät dur d‘ Lüft,
As eim äs Bluestblettli
D‘ Augebron stryft.

As im Sprützbrunne ’s Tröpfli
I dr Sunne tirlitänzt,
As ’s guldi Muggefäkli
Im Tröpfli glänzt.

[52]

I han ämol ä Heimed ka,
O Heimedland, my Schwyz!
Det sind wohl d‘ Schütze über d‘ Weid
Und eine hät dr Fahne trait,
’s rot Fähndli mit em Chrüz.

I han ämol äs Hüsli gwüßt
Ü Brunne hert derby,
Driinne hani d‘ Sunne gseh,
Und ’s Obigrot im eb’ge Schnee,
Dr Liebst tagus, tagi.

I han ämol ä Muetter ka,
O Heimedland, my Schwyz!
Und gsächt si i mys Heiwehleid
Und wär si volle Säligkeit,
Si freuti si kei Bitz.

ex:
Meinrad Lienert: ’s Heiwili
Die viert Uflag
Verlag von Huber & Co. Aktiengesellschaft Frauenfeld 1935

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s’Mundart: Schwizerdütsch

November 27th, 2011 — 4:19am

[14] Wie’s dem Bürgermeister vo Mailing g’gange isch.

Daß „Mailing“ e keis Ort isch im Schwyzerländli, wird mine liebe Läser sofort klar si, aber s‘ macht nüt, me mues nit eso wundersitzig si, wenn i möcht go säge wie’s z’grächtem heißt, so würde die Lütli no jetz rot, det wo’s passiert isch. S’isch i der Zyt gsi, wo die chline Schdättli no alli obe und unde es Tor g’ha händ; au en Torwart isch do gsi und das sind für gwöhnlich alti bräschthafti Manndli gsi wo-nen-e d’Schdattvätter öppis guets händ welle tue mit dem Pöschtli. Grad so isch es au in „Mailing“ der Fall gsi und wenn der Sturm rächt um si’s Torwärterhüüsli umepfiffe het und öppe gar no g’rüttlet a de Fänschterläde, denn isch mis Torwart-manndli z’underscht under Decki gschlosse und het si ned g’muxst. – Die tuusigs G’süchti händ halt ame gar wüescht to.
Emol het’s i so-ner-e Schtorm- und Rägenacht z’mizt im Novämber gar grüüsli lut as Tor poppert und de Torwart het si fascht no tiefer undere g’macht alls gwöhnlich bis em denn doch vorcho isch das chönn ned nume de Schturm si wo eso luut machi. Er isch druf under süüfze und ächze i sini alte Schlaarpe g’schloffe und isch zue dem chline Guggfänschterli go luege, wo äxtra für das g’macht g’si isch am große Tor, damit me nid jedem Lappi het müesse go ufmache, wo öppe z’nacht het ine welle.

[15] Richtig isch dusse en Ma g’schtande und het, so vil as de Wärter het möge g’seh mit siner alte trüebe Latärne, en gueti Gattig g’macht, er het fascht usgseh wie öppe-n-en Junker, nid eso vo de ganz fienschte.
Churzum, es isch eusem Torwart-manndli mit einem Mol klar worde, er dörf denn do nid öppe so schnauze wie gwöhnlech. Drum het er au ganz manierlech oben-abe g’rüest: „Wer isch do? wer chlopfet? i darf halt niemer meh ineloh um die Ziit.“ – „Jäh guete Fründ, do gits nüt anders, i mues ine, s’hilft alls nüt.“ – „I bin Eue guete Fründ no lang ned,“ hätt er gärn abegrüest, aber er het si ned trouwt und seit do nume, „warted jez-nume, i chume gschwind abe, Ma.“ Druf isch mis Torwart-Manndli gschwind no i das unentbährlech Chleidigsschtück ineg’schlüpft, ohni das me sech ned guet cha füreloh, het si Latärne g’noh und isch abe. Er het aber fürsorglich nume-n-es Schpältli ufgmacht vom große Tor und use grüest: „Sind er no do, Mano?“ – „Jo friili bin-i-no do,“ tönts druf zimli rumpelsurig, „und i chan Ech säge, s’Warte isch mer gründlech verleidet. Wänd Ehr mi jetz ineloh oder nid? i froge zum letschte Mol?“ – „He ums tuusig Gottswille find au nid grad eso bös, Herr, Ehr wärdet mi ned no welle unglücklech mache für miiner Läbtig – i darf jo weiß Gott niemer ineloh noch de zwölfe z’nacht, s’choschtet mi sunscht mi Poschte.“ – „He nu so denn weis i öppis anders, i möcht jo nid g’schuld si, wenn Ehr brotlos wärded, aber iez losed, Ma, iez göhnd Ehr wie-n-Ehr sind zum Bürgermeischter, chlopfed en use und mira die andere Schtattvätter au no und säged en-e, es sig eine

[16] dusse vor em Tor, de lös si absolut ned lo abwise und er heig g’seit, wenn er iez ned ine chönn, so mach er denn öppis.“ – „He jo, Herr, i wills jo tue,“ seit druf das arm alt Manndli und het fascht zitteret, „was wird ächt euse Herr Bürgermeischter säge!“ Vor de bessere Hüüser vo „Mailing“ sind säbigs Mol no überal die schwere möschige Türchlopfer gsi und wo-n-euses Manndli de vom Bürgermeister siner Huustür het loh dergäge falle, isch em gsi, es mües iez all ’s go z’schpringe cho, eso luut het’s gemacht durs ganz Huus. Aber die händ schints bim Bürgermeischter kei liislige Schlof gha, er het emel no lang gwartet, bis er no-n-es Mol trouwet het z’chlopfe, und do erscht ischt ändlech das schtättisch Oberhaupt am Fänschter erschiene und het abegrüest: „Was isch au loos, daß me-n-eim nied e-mol loht lo schlofe?“ Mit ängschtleche Worte und ganz verschrockner Schtimm het de Torwart si-n Uuftrag usgrichtet, woruf de Bürgermeister seit: „So nämed iez Eui Latärne und göhnd so schnell als möglig go de ganz Schtattrot usechlopfe – aber g’höred Ehr, es darf keine fehle, zue so-n-ere wichtige Berotig müend mer vollzählig si.“ De Torwart het dänkt: wie wirds mer ächt ergoh? isch aber uf der andere Siite no froh gsi, daß es ohni Tonnerwätter abgloffe-n-isch. Die händ gluegt und glost, wo’s gheiße het zum warme Bett us und i dem Räge und Schturm vor em Rothuus go sech versammle! Was isch ächt das für Eine wo’s wogt eus no go z’dräuihe? Aber nume Giduld, dem wämer’s scho no zeige, dem! – Und s’Torwartmanndli het bi sich sälber dänkt: O heie! wie wird das wieder G’süchti geh, schier

[17] ned zum uushalte, wenn i so duri naß wirde. Es wär allwäg für en Unbeteiligte es luschtigs Luege gsi, die ganz Rotsherreversammlig z’gseh, i dene teilwiis sehr primitive Kostüm, wie jede-n-en Latärne bi sech gha het, wo sie im Gänsemarsch sind go sech ufschtelle vor em Rothuus. Und erscht das Für und Wider, wo ändlech das Oberhaupt erschine-n isch, in ihrer Mitti! Z’letscht wo sie sech gar ned händ chönne-n einige und doch efange bidänklech g’frore händ, seit do eine: mer wänd’s eso mache, mer wänd de Kärli ineloh, aber denn wämer ne bim Eid zwinge, daß er biichtet, was er hätt welle mache, s’isch au no für es anders Mol guet, wenn me’s weiß. – Druf het es allgemeins Zuestimme ginüeged bewise, daß die andere aunüt bessers gwüßt händ und härzlech fro gsi sind vorusz’gseh, daß sie uf die Art bald wieder hei chönned, go sech wärme.
Jetz het sech de Gänsimarsch langsam und fiirlech vom Rothuus nach em Tor zue zoge und s’Torwartmanndli händ sie vorusgschickt, daß es efange ganz go ufmache, derwile well me sech denn no echli würdig ufstelle, damit me dem fräche Kärl chönn imponiere. Churz und guet, de isch eb si’s dänkt händ z’mitzt under ne gstande und het sech höflich nach alle Siite verneigt und bidankt. Jetz het aber de Bürgermeischter d’Sproch wiederg’funde und seit zue dem Frömdling: „Loset Ehr, das isch denn sunscht eigetlich ekei Art, eim am Morge-n-am eis i de Räge-n-use z’spränge, wenn mer nid dänkt hätten-es mües öppis vo Wichtigkeit si, wäred Ehr no lang dusse blibe vo wäge eus. I miner Eigeschaft als Oberhaupt vo der Schtatt möcht i denn aber

[18] doch no öppis mit Ech rede; was händ Ehr im Sinn gha z’mache, wenn mer Ech nid inegloh hätte?“ De Frönd wird echli verläge und sänkt de Blick z’Bode: „Wenn mer die Herre s’Wort gänd, daß i ned g’stroft wirde, so will i’s am Aend säge.“ Die Herre Schtadtvätter händ enand agluegt, es hätt sölle heiße: „jetz chunnts“, und de Bürgermeischter het würdevoll für sie alli g’antwortet: „Guet denn, mer wänd Ech Stroflosigkeit zuesichere, wenn Ehr alls suuber tüend bekenne.“ Dr Frömdling het sech druf schprungbereit vor sie ane gschtellt, s’isch gsi wie wenn er dem Landsfride doch ned rächt würd trouwe – und het g’seit: „I mues g’stoh, Ehr Herre, wenn Ehr me nid inegloh hätted so – wär i halt dusse blibe.“
– – – – – – – – – – – – – – – –
Er het aber doch no so vill Aschtand gha, daß er sech i die nächsti Gaß drückt het – ohni sech z’weide a dene G’sichter vo der hohe-n Obrigkeit.

ex:
Hanna Fröhlich (Pseudonym v. Anna Klara Hedwig Bertuch): Fideli Schwizerg’schichtli
Philipp Reclam jun. Leipzig 1922, S. 14-18

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