Lukas 10:29-37 op Platt

Das Gebot der Nächstenliebe (Levitikus, 19:18) als Kernbestand der christlichen Botschaft ist in unzählige Schriften und Sprachen getragen und durch die Zeiten interpretiert worden, und das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter vielfältig literarisch aufgegriffen und gedeutet. Ist Selbstlosigkeit mit der Natur des Menschen vereinbar, fragen nicht nur Philosophen und Theologen zuweilen ratlos, auch im Alltag scheint eine negative Anthropologie, die Akte der Fürsorge und des Mitleids gnadenlos als Aktualisierungen menschlichen Selbstinteresses und strategische Setzungen rekonstruiert, sich ein ums andere Mal bestätigt zu sehen.

Aber gilt dies Urteil nicht vorschnell? Ist nicht der Umstand, daß Altruismus denkbar ist und sogar in den Stand von Pflicht und Gebot erhoben wird in allen Weltreligionen, Beleg für eine Wirksamkeit und Wirklichkeit desselben? Und selbst wenn wir dies als allzu optimistisch oder metaphysisch-spekulativ verwerfen – kann nicht das Ideal Wirksamkeit entfalten und spontane Akte und Opfer wach- oder hervorrufen, selbst wenn die Ethik in ihrer Begründung derselben an ihre Grenzen stößt und immer wieder durch den Wolf im Menschen sich widerlegt sieht? Anfechtungen des Glaubens und das sich Abarbeiten in der Tat, sind dies nicht erst jene Merkmale des guten Lebens, welche ihm seinen Wert verleihen? Wider sich selbst zu bestehen und die allzu menschliche Neigung, zuungunsten des Anderen das Eigene vorzuziehen? Besteht nicht darin der Reiz des Gleichnisses vom Barmherzigen Samariter, daß es an jeden Einzelnen appelliert, unbesehen seiner Verworfenheit sich zu erinnern, daß ihm auch die Fähigkeit zum Guten eingemengt ist? Daß er agens ist und nicht nur erleidet?

Auf die Probe gestellt wird auch ein Lehrer in Gorch Focks Biblischer Geschichte, dessen Übertragung des biblischen Gleichnisses sich mit der harten Wirklichkeit konfrontiert sieht, worin der Mensch eben korrumpiert ist und bleibt. Schließt dies aber eine bejahende Anthropologie aus, ein Bekenntnis zum Menschsein und seinen Fertigkeiten – auch im Angesicht und vielleicht sogar ob seiner conditio imperfecta ac humana?

Text: Gorch Focks Biblische Geschichte:
Abschrift (80 kB) (PDF-Dokument)

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