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Ebba D. Drolshagen: Gebrauchsanweisung für Norwegen
Piper Verlag, München 2007
3. Auflage 2008

beg, bee: 10.07.2008, 21.07.2008

Von leichter Hand verfaßt, präsentiert die Deutsch-Norwegerin Ebba D. Drolshagen in der Piper-Reihe Gebrauchsanweisung für… hier eine Sammlung von Miniaturen über unseren nördlichen Nachbar, gespickt mit trockenem Humor, scharfer Beobachtungsgabe und anekdotischer Evidenz. Dabei nimmt sie skurille wie liebenswürdige Eigenheiten der Norweger ebenso aufs Korn wie deutsches Reiseprospekt-Fernweh, zeichnet die junge Geschichte des unabhängigen norwegischen Staates nach, rettet die traditionelle Küche aus der firmen Umklammerung von smalahoved und Pizza Grandiosa und spürt en passant der Sehnsucht des Sonntagsspaziergängers nach Leere und hytta nach. Charmant erzählt die Autorin vom norwegischen Spezifikum eines “royalen Republikanismus” (oder vice versa?) und von der Vernarrtheit junger emanzipierter Frauen in den traditionellen bunad, wobei das Königshaus als dänisch-englisch-schwedischer Import unstrittig akzeptiert ist, während die Diskussion um die Eroberung des heimischen Trachtenmarktes mit seinen 400 regionalen Varianten duch Fernostware noch andauert, wie Drolshagen köstlich entflicht.

Ei hyggelig bok

Das Buch erweist sich auch in der Abhandlung drögerer Eigenheiten des Landes mit den 2 Schriftsprachen und gefühlten 7000 Dialekten als unterhaltsame, informative und kurzweilige Lektüre und verschweigt dabei weder den skandinavischen Hang zum Jante-Korpsgeist noch die Verwurzelung der Gesellschaft im Haugianismus – einer Art nordischem Calvinismus. Darüber vergißt Drolshagen aber nicht, mit viel snillisme dem Leser rasch noch ein drollig verfaßtes Lese-matpakke ums andere beizulegen. Bedauerlicherweise ist der Text in der zweiten Buchhälfte ein wenig nachlässig redigiert worden, so daß sich einige Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler eingeschlichen haben, und in einem muß der Autorin entschieden widersprochen werden: Wenn sie das Kapitel Wie klingt ein Fjord?, welches die deutsche Begeisterung für Norwegens springlebendige Jazz- und Musikkultur abmißt gegen die fjord- und winterversessenen Stereotypen in Kritik und Lob, abschließt mit den Worten, sie sehne sich “nach einem anderen norwegischen Musikexport […], der ebenfalls ein Weltpublikum erreicht hat: Death Metal. Dreckig, laut, rotzig”, so irrt sie. Death Metal war ein Schwedenexport. Norwegen machte sich seinen Namen seit den frühen 1990ern mit Black Metal.

Det er to forskjellige par sko.

205 Seiten, Broschur
dt.-sprachig
Reiseliteratur, Länderportrait, Nordeuropa

[Archiv: Ursprünglich veröffentlicht am 01.08.2008.]

Category: Libri L | Tags: , , | estienne210 Comment »


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