Herbstweh

Dezember 31st, 2013 — 11:25pm

Pourquoy, Seigneur, m’avez-vous tiré du ventre de ma mere? Je souhaiterois d’y estre mort & que nul œil ne m’eust vû. J’aurois esté comme si je n’eusse jamais eu d’estre: on m’eust porté du sein de ma mere dans le tombeau. La courte durée de mes jours ne finira-t-elle pas bien-tost? Laissez-moy donc en repos, afin que je pleure un peu dans la douleur que je souffre, avant que je m’en aille dans cette terre de tenebres & couverte de l’ombre de la mort, dans cette terre de miseres & de tenebres où regne l’obscurité de la mort; où il n’y a point d’ordre, mais une confusion & une horreur éternelle.

q_breviaire_dautomne_blancQuare de vulva eduxísti me? qui útinam consúmptus essem, ne óculus me vidéret. Fuíssem quasi non essem de útero translátus ad túmulum. Numquid non páucitas diérum meórum finiétur brevi? Dimítte ergo me, ut plangam páululùm dolórem meum, ántequàm vadam, & non revértar, ad terram tenebrósam, & opértam mortis calígine, terram misériæ & tenebrárum, ubi umbra mortis, & nullus ordo, sed sempitérnus horror inhábitat.

Warum, Herr, rissest Du mich fort von meiner Mutter Schoß? Wie wünschte ich, daß ich dort gestorben & kein Auge mich je erblickt. Ich wäre, wie als ob ich nie gewesen: vom Mutterleib hinabgetragen bis hin zum Grab. Werden [denn] nicht bald die wenigen Tage, die kurze Frist, [die mir zugestanden,] ein Ende finden? Entlaß mich alsdann in die [letzte] Ruhe, auf daß ich barme und klage ob meiner Pein, einstweilig, bevor ich [mich bette und] eingehe in die dunkle Erde & verhüllt bin vom Schatten des Todes, in diese jammer- & leidvolle Erde, worin der Tod finster Hofstaat hält; wo keine Ordnung ist als [einzig] ausweglose Trübsal & andauernder Schrecken.

ex:
Le Breviaire Romain, en Latin et en François.
Divisé en quatre parties. Partie d’automne.
A Paris, Chez Denis Thierry, Ruë S. Jacques, devant la ruë du Plâtre, à l’Enseigne de la Ville de Paris. 1688, p. ccxlxxviij (recte: cclxxviij).

[Deutsche Übersetzung beigefügt vom Verfasser.]

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Allumez-les! Geschichte zweier dt. Städte

Dezember 13th, 2013 — 12:42pm
1-4: D vs Tü

1-4: D vs Tü

1: Café Bernstein, Düsseldorf
Schrift: schwarz auf apricot
Rückseite: Marlboro (Cowboy)
Holzstifte m. rotem Zündkopf
2: Ludwigs, Tübingen
Café / Restaurant / Bar im Hotel Krone
Schrift u. Logo: grün u. rot auf weiß
Holzstifte m. grünem Zündkopf
3: Zentrum Zoo, Club, Tübingen
Die Club-Disco in der Weststadt
Rückseite: Marlboro (Logo)
Holzstifte m. rotem Zündkopf
4: Bier-Café Extra Live, Düsseldorf
Treffpunkt für nette Leute
Schrift u. Logo: weiß auf blau
Holzstifte m. dunkelblauem Zündkopf

1,4: bei Anschriften vierstellige Postleitzahlen, ergo vor 1993
3: älteres Werbemittel als jenes, da noch vom „Zentrum Zoo“ gesprochen wird
4: Logo der Gerd Baumann-Zündholzwerbung aus Oppenweiler an Seitenfläche

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Un souffle d’air de l’été

Dezember 11th, 2013 — 2:40am

Je suis moy-mesme un homme mortel semblable à tous les autres, sorti de la race de celuy qui fut le premier formé de terre. Mon corps a pris sa figure dans le ventre de ma mere pendant dix mois, & j’ay esté formé d’un sang épaissi & de la substance de l’homme dans le repos du sommeil. Estant né j’ay respiré l’air commun à tous; je suis tombé dans la mesme terre; & je me suis fait entendre d’abord en pleurant comme tous les autres. J’ay esté enveloppé de langes, & élevé avec de grands soins. Car il n’y a point de Roy qui soit né autrement. Il n’y a pour tous qu’une maniere d’entrer dans la vie, & qu’une maniere d’en sortir.

q_breviaire_deteSum quidem & ego mortális homo, símilis ómnibus, & ex génere terréni illius qui prior factus est: & in ventre matris figurátus sum caro, decem ménsium témpore coagulátus sum in sánguine, ex sémine hóminis, & delectaménto somni conveniente. Et ego natus accépi commúnem áërem, & in simíliter factam & décidi terram, & primam vocem símilem ómnibus emísi plorans. In involuméntis nutrítus sum, & curis magnis. Nemo enim ex régibus aliud hábuit nativitátis inítium. Unus ergo intróitus est ómnibus ad vitam, & símilis éxitus.

Ich selbst bin [einzig] ein sterblicher Mensch gleich allen anderen, Abkömmling jenes, der als erster geformt worden ist aus Erde. Mein Fleisch hat über zehn Monate im Mutterleib seine Gestalt angenommen, & ich wurde gezeugt aus zähem Blut & dem Samen des Mannes in der Muße des Traums. Als ich geboren ward, atmete ich [das erste Mal] die Luft, die uns allen gemein, ich fiel herab in die gleiche Erde, [aus der ich erstand,] & wie alle anderen [auch] ließ ich meine Stimme zu Anfang in großem Geschrei erklingen. In Wickeltücher ward ich eingeschlagen, & aufgezogen [, gehegt] mit großer Umsicht und Sorge. Denn es findet sich kein König, der anders geboren ist und auf andere Weise. Und allen ist der Weg ins Leben ein und derselbe, & ebenso, auf eine Art, verlassen sie es wieder.

ex:
Le Breviaire Romain, en Latin et en François.
Divisé en quatre parties. Partie d’esté.
A Paris, Chez Denis Thierry, Ruë S. Jacques, devant la ruë du Plâtre, à l’Enseigne de la Ville de Paris. 1688, p. 495 f.

[Deutsche Übersetzung beigefügt vom Verfasser.]

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[Streichholz] – entflammbare Reklame

Dezember 8th, 2013 — 8:43pm

Hölzchen zum Anzünden. Es bestehen drei hd. Synonyme, Schwefelholz, Streichholz und Zündholz, häufig in deminutiver Form -hölzchen, -hölzel, schwäb. -hölzle. Von diesen bezieht sich Schwefelholz zunächst auf die ältere Art dieser Zündmittel, deren Zündmasse Schwefel enthält. Der Name wurde aber auch auf die 1848 erfundenen, seit ca. 1860 aus Schweden eingeführten mit Paraffin statt mit Schwefel überzogenen Hölzer übertragen, die zuerst Sicherheitshölzer (schwed. Säkerhets-Tändstickor) hießen. Da er aber für diese als unpassend empfunden wird und die mit Schwefel versehenen Hölzer immer mehr zurückgegangen sind, so ist die Bezeichnung Schwefelholz im Veralten und an manchen Orten wie Berlin und Wien schon kaum noch zu hören. Immerhin wird sie mir noch für eine große Anzahl von Orten angegeben, z. B. Livl., Breslau, Weimar, Bremen, Köln, Wiesb., Els., Aschaff., Hof, Ansb., Cilli, Bregenz 503 Fn).

Fougerolle: Werbemittel recte

Fougerolle: Werbemittel recte1

Die geographische Verteilung der beiden andern Ausdrücke, Streichholz und Zündholz, ist keine einfache, sie gehen vielfach durch einander. An vielen Orten sind beide gebräuchlich, so in Bresl., Schwerin, Kiel, Lüneb., Oldenb., Paderb., Bautzen, Halberst., Pfalz, Aschaff., Hof, Olmütz, Bludenz, Bern. Zündholz ist wohl überall verständlich

503 Fn) Mehr mundartlich nordwestd. Schwefelsticken Voigt-Diederichs Dreiviertel Stund vor Tag 38. Vgl. dän. svovelstikke. In Mittelschwaben heißen sie Schwäbele nach A. Jakob Bayerns Mundarten I 44.

und wird einerseits im äußersten Norden, in Petersb., Livl., anderseits in Österr. fast ausschließlich gebraucht, mundartl. Zundholz in Zürich, Zündhölzli in Basel (Seiler Basl. M. 329), Zünder in Olmütz. Zünderchen in Riga (Zünderli in Basel).

Fougerolle: Werbemittel verso

Fougerolle: Werbemittel verso

Streichholz wird vorzugsweise im Norden gebraucht, ist z. B. in Berlin allein üblich und in ganz Nord- und Mitteldeutschland verbreitet. Es wird aber auch in Südwestdeutschl. (Pfalz, Els., Heidelb., Karlsr. Rastatt) und sonst vereinzelt im Süden gebraucht. Verwandt ist die mundartliche Bezeichnung in Niederösterreich und daher auch in Wien šdrāfhöütsl d. i. Streifhölzel oder eigentlich Straufhölzel zu mhd. stroufen nhd. streifen. Man sagt, das Hölzel anstreifen, wie im Gebiet von Streichholz es anstreichen. Mit Streifholz berührt sich der els. lothr. Ausdruck Streiffeuer neben Streichfeuer (Strichfier) ‚Streichholz‘ Els. Wb. I 133. Follmann Wb. 506. – In der Schriftsprache überwiegt Zündhölzchen bei weitem. In Kaedings Häufigkeitswörterbuch kommen auf 9 Fälle von Streichhölzchen 228 von Zündhölzchen einschließlich seiner Zusammensetzungen Zündholzschachteln, Zündhölzchenfabrikation usw. Die Bezeichnung Zündhölzer gilt wohl für zutreffender als Streichhölzer, weil der Zweck des Zündens wichtiger erscheint als das Verfahren des Streichens.

(Paul Kretschmer: Wortgeographie der hochdeutschen Umgangssprache.
Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen 1918, S. 503-4)

1: Abgebildet ist folgendes Streichholzbriefchen:
Fougerolle – Industriel du bâtiment, des travaux publics et de la route
3, avenue Morane-Saulnier 78140 Vélizy-Villacoublay
Seita France 40 allumettes
schwarze Pappstifte mit purpurnen Zündköpfen.

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La beauté de l’hiver

Dezember 6th, 2013 — 3:26pm

Voulez-vous sçavoir quelles sont les forces du libre arbitre pour faire le mal? Rappellez en vostre memoire le peché du premier homme. Voulez-vous sçavoir ce que peut un Dieu homme pour secourir l’homme? Considerez la grace par laquelle il a delivré l’homme. On ne sçauroit mieux voir ce que peut une volonté libre qui veut par orgueil se servir de sa liberté sans le secours de Dieu; on ne peut dis-je voir plus clairement le mal qu’elle peut faire, que dans la chûte du premier homme. Car c’est par l’abus de sa liberté que le premier homme s’est perdu; & où seroit-il maintenant, si le second homme n’estoit venu? Parce que celuy qui s’estoit perdu estoit homme, celuy qui est venu pour le sauver s’est fait homme, & c’est cette verité que l’Apostre appelle humaine puis qu’elle est si favorable aux hommes.

q_breviaire_dhiverQuæris quid váleat ad malum, líberum arbítrium? Récole hóminem peccántem. Quæris quid váleat ad auxílium Deus & homo? Atténde in eo gratiam liberántem. Nusquam pótuit sic osténdi, quantum váleat volúntas hóminis usurpáta per supérbiam, ad uténdum sine adjutório Dei: malum non pótuit plus, & maniféstiùs éxprimi, quàm in hómine primo? Ecce perit primus homo, & ubi esset, nisi venísset secúndus homo? quia & ille homo: ídeò & iste homo; & ídeò humánus sermo.

Willst Du wissen, welches die Kräfte sind des freien Willens, Übel zu tun? Rufe Dir [hierzu] die Sünde des ersten Menschen in Erinnerung. Willst Du wissen, was ein Gott vermag, dem Menschen beizustehn? Betrachte die Gnade, mit welcher er den Menschen erlöst. Man wüßte nicht besser zu ersehen, wozu ein freier Wille fähig ist, der voller Hochmut, ohne den Beistand Gottes, sich seiner Freiheit bedienen will, als im Sündenfall des ersten Menschen. Und das Übel, das diese [eignet und] anzurichten vermag, tritt nicht klarer zu Tage, sage ich, als darin. Denn dadurch, daß er seine Freiheit mißbrauchte, versündigte sich der erste Mensch, & wo wäre er nun, wäre nicht der zweite Mensch [ihn zu erretten] gekommen? Weil jener, der verloren, Mensch war, ist jener, der zu ihm kam, ihn zu erlösen, Mensch geworden, & es ist dieses die Wahrheit, die der Apostel menschlich ruft, weil sie doch dem Menschen Erlösung verheißt.

ex:
Le Breviaire Romain, en Latin et en François.
Divisé en quatre parties. Partie d’hyver.
A Paris, Chez Denis Thierry, Ruë S. Jacques, devant la ruë du Plâtre, à l’Enseigne de la Ville de Paris. 1688, p. 568.

[Deutsche Übersetzung beigefügt vom Verfasser.]

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Roaring Twenties

November 10th, 2013 — 10:04am

Siste gang jeg gikk til søndagskonserten ble jeg sammen med ei norsk studentkollegaen. Hun visste ikke akkurat hva som vi skulle gjøre og høre på, men allikevel bestemte hun seg å komme med da jeg foreslo å møtes sammen ved Clärchens Ballhaus som er en velkjent og gammel dansklubb i Berlin. Det fins den såkalte speilsalen der, og hver søndag spiller der klassiske eller jazz-grupper i en hyggelig og litt gammelmodig omgivelse.

Det er som om man reiser tilbake til 20-årene, tiden da Berlin var senteret til det Europeiske bohème-miljøet med mange kunstnere og frigjestere i byen, en tid fylt av eventyr, eksess og dekadens ved siden av hverdagskultur og -arbeid. Samfunnet i dag er nesten som kosmopolitisk som i de Roaring Twenties, og uten tvil er det hedonistisk og hemmelighetsfylt på samme måten. En gjenlyd til lyst sinn, dansen rundt gullkalven, Josephine Baker som gjenganger.

Vanligvis fins det et piano midt i salen, men denne gangen ble det tatt bort fordi det spilte en fiolinkvartet og slik var det ikke nyttig. Musikerne ble alle fire hentet fra de Berliner Filharmonikerne, og det var åpenbart da de begynte å lage musikk fordi opptrinnet var nesten uten feil. Kollegaen min og jeg, vi drakk et glass rødvin hvert, og lyttet til visene. Omkring oss begeistring, glede allesteds, og programmet gav mye grunn for å bli entusiastisk.

Det begynte med Telemann i det 17-tallet, litt barokk og schwülstig, og ble fortsatt til vår tid med et utvalg av stykker fra flere polske komponister. Melodier og danser, en svak fornemmelsen ved det, bak det uro, mørket som reiste seg ett tiår senere, men først synger de om jomfruelig moro og nærværet i all dets enkelhet. Folkeviser motsatt de oppgryende skyggene, livslyst. Elskov som en sløset dans, hver natt en ilddåp før den siste brannen.

Den store glemselen, ødeleggelsen til sivilisasjon, bare et fåtall år senere. Jo visst, i natt påkaller blomstringstiden før, fiolinene kaster kyss inn i salen, lysene blinker mer levende og lysere, og tilskuerne brister ut i latter imot hverdagens hvisking. Det var flott! Konserten avsluttet med utdrag av Mozarts Tryllefløyte og karnevalen til Charles Dancla: une fantaisie brillante, leichtfüßig, lettsindig, svimlende. Et sansebedrag. Og deretter en marsj.

[Arkiv: Opprinnelig publisert på 24.01.2013.]

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Allumée: Volksbühne II

Oktober 8th, 2013 — 8:42am
1-3 verso: Volksbühne Berlin Website

1-3 verso: Volksbühne Berlin Website

1: Laufendes Rad
www.volksbuehne-berlin.de
Text u. Logo: tannengrün
LSD
2: Laufendes Rad
www.volksbuehne-berlin.de
Text u. Logo: grasgrün
LSD
3: Laufendes Rad
www.volksbuehne-berlin.de
Text u. Logo: lippenstiftrot
LSD
notabene: 1-3:
bestempelte Pappschachteln;
alle Stifte: Holz,
brauner Schwefelzündkopf
1-3 recte: Volksbühne Berlin Laufendes Rad

1-3 recte: Volksbühne Berlin Laufendes Rad

Programm der Volksbühne vermittels der Website.

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Allumés: Back and forth

Oktober 8th, 2013 — 6:30am
1-2: Diptycha

1-2: Diptycha

1: NYC Best Bars
generisches Heftchen einer Vielzahl Frat Bars,
u.a. Gin Mill und Jake’s Dilemma auf der UWS
Innenbeschriftung: „Having A Party? Eat, Drink & Be Merry privatepartyrooms.com“
Unterkante: Carretta Marketing
Logos u. Schrift: weiß auf schwarz
Pappstifte m. weißem Zündkopf
2: Lutter & Wegner, Berlin
Gendarmenmarkt, gegr. 1811
„E.T.A. Hoffmann und Ludwig Devrient in Berlin 1815 bei Lutter & Wegner“
Vorderseite: Newton Bar
Logo u. Schrift: schwarz auf gold (et vice versa)
Unterkante: Zündboxx
Holzstifte m. rotem Zündkopf

1: Die Website-Adresse im Inneren des Hefts ist falsch, es wird aber automatisch weitergeleitet.

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Sprachpanscherei

September 18th, 2013 — 10:31am

Ökologischer Anbau und Bioprodukte haben die gesellschaftliche Mitte erreicht; Stadtviertel, deren Aufwertung und bauliche Instandsetzung einhergeht mit dem Zuzug junggebliebener bildungsbürgerlicher Patchworkfamilien in die innerstädtischen Quartiere, künden davon durch eine vernehmliche Änderung der Geschäfts- und Kleinhändlerstrukturen, sei es durch hochpreisige Café-Etablissements, in denen Medienbohémiens und Digital natives hinter ihren Macbooks und Tabletrechnern verschanzt herumlümmeln, strikt verpflichtet dem fair-gehandelten Flat white und der Misosuppe mit Tofuschmankerl, sei es durch das moderne Pendant des Naturkostfachgeschäfts, den Biosupermarkt, dessen Ausstattung farbpsychologisch versiert in Erd- und Grastönen den Modern urbanite seiner Naturverbundenheit versichert und der den sonntäglichen Wochenmarkt samt regional erzeugter, erntefrischer Lebensmittel ergänzt.

Hinzu kommt ein in höchst individuellen, dabei auch zeitgeistigen Ladengeschäften sprießendes Angebot nachhaltig produzierten Mobiliars in Vintage-Look und Retro-Chic und zertifizierte Upcycling-Designer-Fashion mit gesundheitsverträglichen Textilien (samt Coffee to-go); ganz zu schweigen vom Assortiment an Dienstleistungen, welche von ganzheitlichen Naturheilverfahren und Physio- und Aromatherapien über Fangobehandlungen, Yoga und Honigmassagen bis hin zu Naturkosmetik und Wasserkontor reichen; Wellness für den gestreßten Großstädter. Was darin verlorengeht? Die Moderne vergißt ihre sprachlichen Wurzeln und ihren emanzipatorischen Ausgangspunkt in den Volkssprachen, und panscht dabei im seichten Mittel: Gingerkekse oder Ingwercookies, der Bionade-Biedermeier scheint sich für nichts zu schade, sein kosmopolitisches Dandytum unter Beweis zu stellen, atmosfair, ganz ohne den Ruch des Easyjetsetdaseins.

Berlin is Tokyo is New York is Istanbul is … herkunfts- und besinnungs- und bindestrichlos.

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Allumées: Des sèches propres

September 15th, 2013 — 2:02am
1-2: Have a smoke?

1-2: Have a smoke?

1: Lucky Strike Original Red
Das kleinste Denkmal der Welt: Die Original Red in der Classic Edition erinnert an R.A. Patterson, der die Luckies 1871 erfand. Jetzt für kurze Zeit am Automaten. – Aber nicht automatisch.
Holzstifte m. grünem Zündkopf
2: Gauloises. Frei von Zusätzen
Typisch Gauloises: frei von Konventionen, frei von Zusätzen*. […] Liberté toujours. – *Raucher sollten hieraus nicht schließen, dass die Zigarette weniger schädlich ist.
Holzstifte m. rotem Zündkopf

3-4: Quit now!

3-4: Quit now!

3: Marlboro
Schrift u. Logo: weiß auf rot-anthrazit
Rück- und Vorderseite sind identisch, wenn auch kopfüber
Holzstifte m. rotem Zündkopf
4: Lucky Strike
Logo auf weißem Hintergrund
Rückseite mokiert sich in Form einer Rechenaufgabe:
Niels hat 21 Streichhölzer. Das sind 4 weniger, als Marco gestern hatte. Marco hat sich erst vor einer Woche 3 von Nina gemopst. Wie viele Streichhölzer bleiben dann noch für Florian und Sandra? Keine Ahnung? Macht nichts, Sie haben ja ihre eigenen Streichhölzer!
Holzstifte m. rotem Zündkopf

1, 2: Schachtel in Miniaturzigarettenschachtel-Aufmachung (aufklappbar);
Beide imitieren zudem die EU-Warnhinweise, wie sie seit Oktober 2003 vorgeschrieben sind.
2: Klappentext verwendet Reformschreibung (seit 1996).

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