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Race and all that jazz

September 2nd, 2009 — 3:58am

In all jazz, and especially in the blues, there is something tart and ironic, authoritative and double-edged. White Americans seem to feel that happy songs are happy and sad songs are sad, and that, God help us, is exactly the way most white Americans sing them.

(James Baldwin: Down at the Cross, in: The Fire Next Time, p. 42)

Auch wenn er an dieser Stelle ein wenig vorschnell urteilt – man denke nur an die temperamentvolle, extravagante Anita O’Day und ihre lebhaften Nummern zwischen Hard Swing, Bebop und Improvisation: „the only white woman that belongs in the same breath as Ella Fitzgerald, Billie Holiday and Sarah Vaughan“ (Will Friedwald) -, so kann dem US-Amerikaner James Baldwin ein herausragendes Gespür für literarischen Witz und schwungvolles Schreiben nicht abgesprochen werden. Mit diesen Talenten griff der 1987 in Südfrankreich verstorbenen Schriftsteller schon in jungen Jahren gesellschaftliche Problematiken auf wie die Diskriminierung und Marginalisierung schwarzer US-Bürger (Ghettoisierung als Schickung in Unfreiheit), kritisierte die Verquickung von Religion und Rasse, Kirche und Kommerz, und thematisierte auch seine homosexuelle Orientierung, lange bevor die Bürgerrechtsbewegung und Freiheitsstürmer der Sechziger sich diesen und ähnlichen Fragen zuwandten. Nicht überall wird man zustimmen wollen, aber in den unterhaltsamen, leichten Ton des Erzählers kleidet sich ein gewichtiger, anregender Essayist.

Text: James Baldwins Essay My Dungeon Shook in dt. Übersetzung:
Mein Verlies ward aufgestoßen (92 kB) (PDF-Dokument)

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mmix.xvi

Juni 23rd, 2009 — 3:58am

Don DeLillo: Libra
Penguin Books, London 1989
11. Auflage 199?

beg, bee: 05.06.2009, 22.06.2009

456 Seiten, Taschenbuch
engl.-sprachig
Roman, Literatur, Postmoderne, Nordamerika

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mmix.viii

März 26th, 2009 — 6:19pm

Brian Fishman: Dysfunction and Decline: Lessons Learned from inside Al-Qa’ida in Iraq
Harmony Project / The Combating Terrorism Center at U.S. Military Academy at West Point, West Point (New York) 2009

beg, bee: 26.03.2009, 26.03.2009

Eindrucksvoll und pointiert analysiert Brian Fishman in diesem Aufsatz die Gründe für die schwindende Rolle und Bedeutung des 2004 von Abu Musab al-Sarkawi ins Leben gerufenen Al Kaida-Ablegers im Irak (AQI) und leitet hieraus Empfehlungen ab für den Kampf der westlichen Alliierten andernorts gegen das dschihadistische Netzwerks Osama bin Ladens (samt und sonders natürlich für die US-Streitkräfte im Rahmen der Operation Enduring Freedom in Afghanistan (OEF-A)). Bemerkenswert ist die Klarheit und Nüchternheit der Analyse, welche unvernebelt von politischer Agitation ebenjene Merkmale identifiziert, die AQI zunächst breite Unterstützung durch sunnitische Aufständische im Irak sicherten und dann, nach drei Jahren blutiger Abnutzungsschlacht auch zunehmend unter den Waffenbrüdern selbst, um den Sieg brachten. Nicht die militärische Überlegenheit der amerikanischen Truppen führte zum Erfolg, obschon die von General David H. Petraeus eingeleitete Strategieänderung fraglos eine Verbesserung der Sicherheitslage zwischen Euphrat und Tigris bewirkte, die irakischen Sunniten selbst (und nicht zuletzt ihre radikalen Elemente) haben AQI eine empfindliche Niederlage beigebracht:

„U.S. troops did exactly what they should do in such circumstances; they facilitated AQI’s decline by killing and capturing key leadership, disrupting communications and logistics processes, and giving the local tribes a legitimate path to political participation. But it was the rejection of AQI by local Sunnis that discredited and degraded the organization. Their concerns were both profound and banal: ranging from anger over AQI’s ideological extremism to frustration that AQI monopolized local smuggling networks.“ (S. 30)

Hinzu traten eine Vielzahl strategischer, personeller und logistischer Mängel in der Aufstellung und Ausrichtung der AQI wie beispielweise ihre ideologisch motivierte, die irakische Unterstützerbasis zunehmend entfremdende Bereitschaft zu extremer Gewalt auch und besonders gegen Muslime sowie ein grundsätzliches Unverständnis mit Blick auf die Stammesgesellschaft und kulturellen Gepflogenheiten Iraks. Al Kaida hat seine Schlüsse aus dem Versagen AQIs gezogen und seine Lektionen gelernt, wie ein von US-Truppen sichergestelltes Dokument („Lessons Learned“ (PDF)) belegt. Mit überraschender Offenheit, und fraglos in Übereinstimmung mit dem veränderten außenpolitischen Kalkül der neuen US-amerikanischen Regierung Barack Obamas, beurteilt Fishman die langfristigen Konsequenzen des Irakfeldzugs für den „War on Terror“:

„Despite these important setbacks for al-Qa’ida, the U.S. presence in Iraq – and al-Qa’ida’s confrontation with U.S. forces there – has greatly benefited the jihadist movement. AQI’s campaign enabled al-Qa’ida writ large to maintain media presence, distract U.S. attention from Afghanistan, gain tremendous tactical expertise, and participate in a very popular fight. Furthermore, the central organization based in Pakistan invested very little to initiate its relationship with Abu Mus’ab al-Zarqawi and the jihadists that became AQI – offering little more than their reputation and brand name.“ (S. 28)

Dies (implizite) Verdikt bezüglich der Irakpolitik der Vorgängerregierung Bush ist nicht so sehr inhaltlich eine Überraschung, es stimmt in vielen Kernpunkten mit der Kritik überein, die vor Beginn des Irakkriegs von Gegnern desselben angeführt wurde, es fügt sich aber in seiner differenzierten Analyse nahtlos ein in die militärisch-politischen Abwägungen, mittels derer Fishman wertvolle Lehren aus dem Nahezu-Debakel des (meiner Ansicht nach) völkerrechtlich nicht legitimierten Krieges zieht. So empfiehlt er beispielsweise, die (begrenzte) Kooperation mit Aufständischen zu prüfen, wo sich gemeinsame Interessen finden, die gegen Al Kaida gerichtet sind, wie auch die lokalen Gegebenheiten in Afghanistan intensiv zu studieren und sich gegebenenfalls zunutze zu machen.

Wie der Autor zurecht schreibt, ist die Lage im Irak auch nach den relativ ruhigen Provinzwahlen im Januar nicht rosig, die eingetretene Stabilisierung darf nicht mit Stabilität des politischen Systems, gar einem demokratischen, dauerhaft friedvollen Zweistromland verwechselt werden. Al Kaida und seine Verbündeten werden auch trotz der herben Niederlage AQIs sowohl im Irak als auch im Grenzgebiet Pakistans und Afghanistans aktiv bleiben und im letzteren als neuem (auch medialen) Hauptkampfplatz weiterhin schlagkräftig operieren und Terror gegen Zivilbevölkerung und die geschmähten westlichen Truppen ausüben. Es besteht aber die Hoffnung, daß der Krieg gegen das islamistische Netzwerk und seine Zweigstellen erfolgreich geführt und gewonnen werden kann, wenn seine Strategie sich an ruhigen, auch selbstkritischen Analysen wie dieser CTC-Publikation orientiert und damit dem Gegner Gelegenheit gegeben wird, sich selbst und seine menschenverachtende Ideologie zu desavouieren.

36 Seiten, Aufsatz (PDF-Dokument)
engl.-sprachig
Analyse, Politik, Militär / Terrorismus, Irak

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mmviii.ii

Oktober 11th, 2008 — 4:28am

Jimmie Durham: –
Poesiealbum 209
Verlag Neues Leben, Berlin 1985

beg, bee: 31.07.2008, 31.07.2008

In die kollektive Erinnerung deutscher Leser sind die amerikanischen Ureinwohner janusgesichtig eingegangen, in Gestalt des heroischen edlen Wilden rousseauschen Zuschnitts, manifest in Karl Mays Romanen, und als verschlagene Bestie, unbarmherzig und blutrünstig, wie verkörpert in James Fenimore Coopers Last of the Mohicans durch Magua. Diese auch heute noch nachwirkende Ambivalenz in der Zuschreibung indianischen Charakters durch die Europäer wurde von Cooper in seltsamer Offenheit gefaßt, als Widerstreit idealisierter Typoi, wenn es in der Einleitung heißt: “Few men exhibit greater diversity, or, if we may so express it, greater antithesis of character, than the native warrior of North America. In war, he is daring, boastful, cunning, ruthless, self-denying, and self-devoted; in peace, just, generous, hospitable, revengeful, superstitious, modest, and commonly chaste.” Magua, jener im Umgang mit der Zivilisation gefallene Wilde, kann ob seiner Trunk- und Rachsucht auch gelesen werden als Vorläufer eines neuen Stereotyps, in dessen Wahr-Nehmung Typisierung und (größerer Grad an?) Realismus ein negatives Bild zeichnen: jenes des in Arbeitslosigkeit, Armut und Alkoholismus verharrenden, apathischen Ureinwohners. (Diese “Verfalls-Anschauung” ist in ihrer Zuschreibung der Wahrnehmung des anderen, in der Begegnung mit europäischer Zivilisation “primitiv” gedachten Volkes, der Aborigines Australiens, nicht ungleich: ein marginalisiertes Volk, rück- und randständig, überfordert und damit übergangen von den Segnungen der Moderne.) Warum also nicht zur Abwechslung (um der Authentizität willen?) auf die Stimme hören eines Vertreters jener Native Americans?

Mit Jimmie Durham, “[geboren] am 10. Juli 1940 als Stammesmitglied der Tscherokesen”, präsentiert sich im Poesiealbum 209 ein “Wortführer der Amerikanischen Indianerbewegung” der 1970er mit kraftvollen und melancholischen Gedichten, die ihn als politischen Aktivisten ebenso auszeichnen wie als genauen Beobachter und Chronisten seiner Generation und ihres Ringens um Anerkennung. Nicht müde des Kampfes, restauriert er den Stolz der indigenen Völker in ihrer Historie und verzichtet doch auf Kriegsgeschrei und Überhöhung, paart mythologische Bezüge mit sozialem Befund, worin ohne Larmoyanz auch Vorwurf und Anklage eingeflochten werden, schreibt ebenso agitatorisch wie lyrisch. Durhams Gedichte knüpfen an an die orale Tradition der nordamerikanischen Ureinwohner, Sprache ist ihm Erzählen und nicht Kunst oder Medium um seiner selbst willen; Erzählen von den Vorfahren und von den Mißständen, Deutung des Geschehenen und Kündung von Künftigem, Wach- und Warnruf zugleich. Gekleidet in eindrückliche Naturmetaphern birgt fast jeder Vers einen Appell zum Widerstand – gegen das Phlegma, das Vergessen, die Erniedrigung: die littérature éngagée als soziale Frage. “Die Historiker verlangen, daß wir von Alexandria erfahren / Und von Paris; die Namen von Ganges, Nil und Rhein / Haften im Gedächtnis der Kinder. // Der antiken Waldstadt Echota, / Wiege, Hoffnung und Herz eines Volkes, älter / Als die Pyramiden, gewährt man kein ehrendes Gedenken”. Selten ertappt der (europäische) Leser sich so verhaftet in seiner genuin europäischen Weltdeutung. Realismus und Belehrung gehen in Durhams Texten eine fruchtbare Verbindung ein, unbeschönigt, reflektiert und – überraschend.

Auszug: Ka! Ni! Kamama, An Dia
weitere Empfehlungen: Familienbindungen; Regenkrähenlied; Als Wildkatze entwischte; Mäusesegen

32 Seiten, Heft
dt.-sprachig (Ü: Edith Anderson)
Lyrik, Literatur, Nordamerika

[Archiv: Ursprünglich veröffentlicht am 31.07.2008.]

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